Gleich fünf zentralen Themenbereichen widmete Baumer hhs seinen diesjährigen drupa-Auftritt. Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Customer Care, Innovation und Vision veranschaulichte das Unternehmen eindrucksvoll, warum sein Kundenstamm in der globalen Verpackungsindustrie kontinuierlich wächst. Wir sprachen mit Andreas Brandt, Marketing Manager bei Baumer hhs, über ein nachhaltigeres Kleben, intelligente Lösungen für die Faltschachtelindustrie und die Weiterverarbeitung sowie Baumer hhs‘ kontinuierliches Bestreben, die Nachhaltigkeit in der Verpackungsbranche sukzessive weiter zu verbessern.
Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz auf der drupa?
Wir sind sehr zufrieden – sowohl mit dem Stand als auch mit der Anzahl und der Qualität der geführten Gespräche. Ein besonderes Highlight stellt für uns die Tatsache dar, dass weit mehr als 40 laufende Systeme aus unserem Hause auf der Messe an den verschiedensten Aussteller-Ständen live im Einsatz waren. Dies zeigt eindrucksvoll, dass unser Portfolio und unsere Lösungen von den OEM-Partnern benötigt werden, damit diese mit ihren Kunden erfolgreich sein können. Unsere Lösungen sind so überzeugend, dass sie sogar explizit von den Kunden unserer OEM-Partner angefragt werden. Dies ist sensationell und bestätigt uns in unserer Strategie. Aufgrund der zahlreichen vorhandenen Baumer hhs Lösungen, die in unterschiedlichsten Anwendungen eingebunden waren, war es für uns daher auch sinnvoll, für unseren Messeauftritt einen reinen Kommunikationsstand zu konzipieren, an dem wir mit unserem Fachpersonal mit den Besuchern explizit konkrete Themen erörtern und gezielt Lösungen erarbeiten können.
Wann immer ein Besucher eine bestimmte Lösung im Einsatz sehen wollte, konnten wir zu Koenig und Bauer oder einem anderen Partner an den Stand gehen und das gewünschte Produkt dann live in Aktion erleben. Darüber hinaus haben wir eigens ein Präsentationstool erarbeitet, in das wir die zahlreichen Live Videos, die wir hier auf der Messe gedreht haben, eingespeist haben und direkt vorführen konnten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir in Düsseldorf noch einmal nachdrücklich bestätigt bekommen haben, dass das, was wir an Schwerpunktthemen verfolgen, in der Praxis auch wirklich von den Kunden gesucht und positiv aufgenommen wird.
Was sind derzeit die wichtigsten Themen für Baumer hhs?
Allem voran ganz sicherlich das Thema Nachhaltigkeit. Jeder spricht darüber, und dem ökologischen Gesichtspunkt in der Herstellung kommt insbesondere in unserer Branche eine immer größere Bedeutung zu. Dies makiert auch eine maßgebliche Voraussetzung für sämtliche unserer Entwicklungen. Letztendlich trägt Baumer hhs den Nachhaltigkeitsaspekt von jeher in seiner DNA, denn Innovation bedingt Nachhaltigkeit. Innovation bedeutet für uns, dass der Kunde ein Produkt erhält, das lange Bestand hat und das man sich im Bedarfsfall auch reparieren lässt. Darüber hinaus ist es ebenso wichtig, dass bei der Herstellung dieses Produktes so wenig Energie wie möglich verbraucht wird und man seinem Kunden letztendlich ein Produkt offerieren kann, das ihm dabei hilft, ebenfalls nachhaltiger zu agieren, weil er weniger Energie und damit weniger Ressourcen benötigt.
Auf diese Weise stellt er auch seinem Kunden ein Endprodukt zur Verfügung, das in Summe ebenfalls nachhaltiger ist. Ein markantes Beispiel für eine deutlich nachhaltigere Produktion stellt die Längsnahtklebung dar. Baumer hhs ist es gelungen, mit der Entwicklung seiner Side Seam Gluing Solution eine Lösung zu konzipieren, die es ermöglicht, nun erstmalig bei der Längsnahtverklebung eine immense Menge an Klebstoff einzusparen. Bis dato wurde der Klebstoff in der Faltschachtelherstellung für die Verklebung der Längsnaht stets mit einem Scheibenleimwerk aufgetragen. Dabei wird der Kleber flächig von Anfang bis Ende aufgetragen, weil der Klebstoffauftrag mittels Leimrad nichts anderes erlaubt. Hinzu kommt, dass ein Leimrad spritzt und somit für eine entsprechende Verschmutzung sorgt. Auch die jeweils aufgetragenen Leimmengen variierten mitunter stark – je nachdem wie schnell die Maschine betrieben wurde, fiel der Leimauftrag dicker oder dünner aus. Bisher wurden die mit diesem Verfahren verbundenen Probleme wie die Reinigung und der entstehende Abfall durch die Industrie mangels Alternativen in Kauf genommen. Doch eine solche Verschwendung von Ressourcen muss nicht sein. Unsere Side Seam Gluing Solution ersetzt jetzt vorhandene Scheibenleimwerke und bietet zahlreiche damit verbundene Vorteile: Sie arbeitet mit einem Düsenleimwerk, das sicherstellt, dass der Anwender genau so leimen kann, wie er möchte, und der Klebstoffauftrag lässt sich zwischendurch unterbrechen.
Bei einer kleinen Tablettenpackung muss beispielsweise nicht durchgängig geklebt werden, sondern sie hält auch mit einer deutlich geringeren Klebefläche. Auch der zusätzliche Reinigungsaufwand, bei dem der Weiterverarbeiter sein Leimbecken täglich säubern muss, entfällt mit der Side Seam Gluing Solution. Dies sorgt für deutliche Einsparungen, denn im Leimbecken werden mitunter bis zu drei bis vier Liter Klebstoff aufgefangen, die der Anwender jeden Tag entsorgt. Hinzu kommt der Einsatz von rund 100 l warmem Wasser und ein Zeitaufwand von etwa 20 Minuten pro Leimbecken. Mit unserem Düsenleimwerk müssen unsere Kunden nicht jeden Tag derart hohe Klebstoffmengen entsorgen und die tägliche Reinigung und der damit einhergehende Maschinenstillstand entfallen. Sie sehen, hier bedingt die Nachhaltigkeit die gesamte Prozesskette, und das ist der Punkt, an dem sich Nachhaltigkeit auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten rentiert, da sich auf diese Weise auch die Wertschöpfungskette maximieren lässt. Mit der Umstellung auf eine Punktverklebung lässt sich der Klebstoffverbrauch in Faltschachtelanwendungen um 50 % und mehr verringern. Damit einhergehend werden auch die CO2 -Emissionen reduziert. Gleichzeitig wird die Qualität der Verklebungen verbessert. Diese Innovation bringt den Kunden also gleich dreifachen Nutzen, schont die Ressourcen und verringert das Abfallaufkommen.
Wie sieht es bei der Verklebung mit dem Thema Recycling aus?
Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft prägen zunehmend die Verpackungsindustrie, daher hat Baumer hhs sehr bewusst eine führende Rolle übernommen, um die Recyclingfähigkeit der faserbasierten Verpackung nach vorne zu bringen. Als aktives Mitglied der 4evergreen Allianz und SUGRA-Entwicklungspartner arbeiten wir intensiv an Lösungen für die Zukunft der Verpackung. Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit papierbasierter Verpackungen, die bereits auf erneuerbaren Ressourcen basieren, müssen selbstverständlich auch Hilfsstoffe wie Klebstoffe berücksichtigt werden. Klebstoff verkörpert für die meisten Kunden ein störendes Produkt, wenn sie an das Thema Reycling denken. Daher gelangen viele zu dem Fehlschluss: Wir kleben die Verpackung einfach nicht mehr, dann ist unser Produkt nachhaltiger. Dies ist jedoch eine sehr kurzsichtige Betrachtungsweise, denn wer auf die Verklebung der Verpackung verzichten möchte, benötigt im Gegenzug eine zusätzliche Lasche oder eine Steckverbindung zum Verschließen. Damit geht automatisch der Verbrauch von mindestens 15–20 % mehr Material einher. Die große Frage lautet also: Was ist nachhaltiger? Mit drei Klebstoffpunkten die Verpackung schließen oder mehr Karton verwenden? Blickt man zudem auf das, was die Verpackung leisten muss, liegt die Antwort auf der Hand: Die Verpackung muss leicht sein, ihre Funktion erfüllen und das Produkt schützen, recylefähig sein und den Verbraucher informieren respektive mit ihm kommunizieren. Unter der Vorgabe, die Verpackung so leicht wie möglich zu halten, ist zusätzliches Material daher kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass bei einer gewissen Größe der Punktauftrag von Klebstoff kein Probelm mehr im Recycling darstellt. Und schon ist der Klebstoff klar im Vorteil!
Herr Brandt, wir danken Ihnen vielmals für das interessante Gespräch!
Infobox:
Nachhaltiges Kleben mit erneuerbaren Klebstoffen Verpackungen sind in unserer modernen Gesellschaft unverzichtbar, beeinträchtigen jedoch auch die Umwelt. Papierbasierte Verpackungen, die vorwiegend auf erneuerbaren Rohstoffen basieren, gehören zu den verbreitetsten Verpackungsarten. Oft bestehen jedoch die verwendeten Hilfsstoffe, wie Klebstoffe, aus erdölbasierten Materialien. Das Forschungsprojekt SUGRA („Sustainable Gluing with Renewable Adhesives“) widmet sich der Entwicklung nachhaltiger Klebetechnologien. Es erforscht, wie biobasierte Klebstoffe die Umweltverträglichkeit von papierbasierten Verpackungen verbessern können. Das Projekt SUGRA reagiert auf den Bedarf, uns von erdölbasierten Produkten zu lösen, und entwickelt Lösungen gegen die Auszehrung fossiler Brennstoffe sowie gegen die globale Erwärmung und deren negative Folgen. Die sich entwickelnde Bioökonomie, die Chemikalien aus erneuerbaren Quellen produziert, etabliert sich als Alternative zu petrochemischen Verfahren. Klebstoffe, obwohl oft nur ein kleiner Bestandteil papierbasierter Verpackungen, tragen wesentlich zur Nachhaltigkeit bei: Sie verbessern die Produktionseffizienz und ermöglichen Designs, die den Materialverbrauch reduzieren. Dies entspricht den Anforderungen der neuen Verpackungsverordnung. Die Nachfrage nach nachhaltigen Klebstoffen wächst. Biobasierte Klebstoffe stehen jedoch meist noch in der Entwicklungs- oder Pilotphase, was die industrielle Anwendung erschwert und Entscheidungen verkompliziert. Vergleichende Ökobilanzen offenbaren das große Potenzial biobasierter Produkte zur Reduktion von Treibhausgasen. Die variierenden Vorteile und die Herausforderung, Netto-Null Emissionen zu erreichen, erfordern jedoch eine differenzierte Betrachtung bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte. Stärke, ein vielseitig einsetzbares Polysaccharid, verbessert das Recycling von papierbasierten Verpackungen, konkurriert jedoch mit der Nahrungsmittelproduktion und weist unterschiedliche CO2 -Bilanzen auf. Das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe geförderte Projekt SUGRA unter Konsortialsleitung von Baumer hhs, fokussiert auf die Entwicklung und Optimierung biobasierter Klebstoffe für die Hochgeschwindigkeits-Verpackungsherstellung